Jule Govrin | Assoziierte Forscherin

Ehemaliges Mitglied
Kritisches Denken im Plural. Begriffliche Wege der Sozialforschung
Centre Marc Bloch, Friedrichstraße 191, D-10117 Berlin
E-Mail: jule.govrin  ( at )  uni-flensburg.de Tel: +49(0) 30 / 20 93 70700

Mutterinstitut : Europa-Universität Flensburg | Position : Wissenschaftliche Mitarbeiterin | Fachbereich : Philosophie |

Biographie

Akademischer Werdegang

ab September 2019

Assoziierte Forscherin am Centre Marc Block, Humboldt-Universität zu Berlin

ab November 2018

Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Philosophischen Seminar der Europa-Universität Flensburg

Oktober 2013 – September 2017

Promotion am Institut für Philosophie der FU Berlin: Aufbegehren und Begierden. Über das leidenschaftliche Verhältnis von Begehren und Ökonomie

Betreut von: Prof. Anne Eusterschulte (FU Berlin), Prof. Dagmar Herzog (CUNY New York) – Note: Summa Cum Laude

Promotionsstudium der Literaturwissenschaft

Oktober 2010 – Juni 2013

M.A. Philosophie an der Freien Universität – Note: 1,1

M.A.-Abschlussarbeit: Widerständige Körper. Handlungsmacht und Widerstandspotenzial in Judith Butlers Körperphilosophie

Oktober 2007 – August 2008

Erasmus-Studium an Université Paris VIII Vincennes-Saint-Denis

Oktober 2006 – Oktober 2010

B.A. Allgemeine und Vergleichenden Literaturwissenschaft, Philosophie und französische Philologie an der Freien Universität – Note: 1,3

B.A.-Abschlussarbeit Körperliche Einschreibungen. Körper, Sprache, Macht bei Judith Butler und Michel Foucault.

Stipendien

Oktober 2014 – April 2018

Promotionsstipendium der Friedrich Schlegel Graduiertenschule für literaturwissenschaftliche Studien

Oktober 2013 – Oktober 2014

Predoc-Stipendium der Friedrich Schlegel Graduiertenschule für literaturwissenschaftliche Studien

Oktober 2011 – Juni 2013

Studienstipendium der Rosa-Luxemburg-Stiftung

Erfahrungen (Auswahl)

ab September 2019

Organisation des Europastudientages mit Dr. Katja Genel am Centre Marc Bloch in Kooperation mit der EUF

ab Mai 2019

Konzeption und Organisation des Forschungskonzepts Affecting Europe. Affect Politics in European Past and Present in Kooperation dem Centre Marc Bloch, Berlin

ab März 2019

Mentorin beim Viadrina-Mentoring der Europa-Universität Viadrina Frankfurt Oder

März 2019

Listenplatzierung (Platz 2) im Berufungsverfahren zur Besetzung der W1-Professur Literatur und Religion in den romanischen Kulturen unter besonderer Berücksichtigung von Geschlechterstudien an der Sprach- und literaturwissenschaftlichen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin

Januar 2019

Konzeption des Workshops Feministische Ökonomiekritik an der Goethe-Universität Frankfurt Main

ab November 2018

Mitarbeiterin am Philosophischen Seminar der Europa-Universität Flensburg

Dezember 2017 – Januar 2018

Forschungsaufenthalt an der Pontifícia Universidade Católica do Rio Grande do Sul (PUCRS) in Porto Alegre, Brasilien

Oktober 2017

Teilnahme an der Konferenz 3rd International Seminar Undoing Gender / Desfazendo Gênero an der Universidade Estadual da Paraíba, Brasilien

April 2017

Konzeption und Organisation des Workshops Neoreaktionäre und sexuelle Politiken an der Heinrich-Böll-Stiftung in Kooperation mit Simon Teune und dem Institut für Protest- und Bewegungsforschung, Berlin

Januar 2016

Konzeption und Organisation des Workshops Masse– Körper – Affekt am Institut für Philosophie der FU mit Prof. Hilge Landweer

Oktober 2014

Konzeption und Organisation des Panels Körper. Essen. Texte. – Zum Essen und Hungern in der Literatur vom 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart bei der Jahrestagung der FSGS

November 2013 – Juli 2015

Konzeption und Organisation der Vortragsreihe Desire’s Multiplicity and Serendipityin Kooperation mit dem Institut für Queer Theory und dem Institute for Cultural Inquiry, Berlin

September 2013 – Oktober 2016

Mitarbeit als wissenschaftliche Assistentin beim Institut für Queer Theory, Berlin

Februar – Juli 2012

Mitarbeit bei dem Workshop Politics and Emancipation: Rethinking Subjectivity,Power and Change mit Susanne Lettow an der FU Berlin

August 2010 – Februar 2015

Mitarbeit bei der Publikation von Global Justice and Desire: Queering Economy (Routledge 2015) mit Volker Woltersdorff, Prof. Nikita Dhawan, Christoph Holzhey, Antke Engel

März – Juli 2010

Mitarbeit bei der Konferenz Desiring Just Economies im ICI Berlin

Oktober 2008 – Dezember 2010

Mitarbeit als studentische Hilfskraft im SFB 447 Kulturen des Performativen im Teilprojekt B4 Prekarisierung sexueller und geschlechtlicher Identitäten: Alltagspraxis und symbolische Formen unter der Leitung von Gert Mattenklott

Titel der Dissertation

Begehren und Ökonomie. Ein sozialphilosophische Studie

Zusammenfassung der Dissertation

Vor dem Hintergrund, dass Begehren, Sexualität, Intimität und Affektivität feinmaschig in die spätkapitalistische Matrix eingewebt wurden, erkundet meine sozialphilosophische Studie die poli@sche Ökonomie des Begehrens vor und nach neoliberaler Hochkonjunktur in Westeuropa. Hierbei wird bestrebt, Begehren als philosophische sowie ökonomiekritische Denkkategorie zu aktualisieren.

Ausgangspunkt ist die Annahme, dass Ökonomie einen kons@tu@ven Faktor darstellt, um Begehren zu begreifen. Umgekehrt lassen sich sozioökonomische Systeme nicht ohne die Rolle des Begehrens erfassen. Diese epistemologische Verbindung zwischen dem Ero@schen und dem Ökonomischen bildet die Kernthema@k der Dissertation. Begehren wirkt – so die Kernthese – dahingehend sozialmobilisierend, als dass es vermag, normative Ordnungen zu produzieren und aufrechtzuerhalten und diese gleichsam zu überschreiten. Um die dynamische Dialektik des Begehrens konzeptuell fassbar zu machen, wird heuristisch das Begriffspaar Aufbegehren/Begierden entwickelt. Während Aufbegehren Möglichkeiten der Subversion aufzeigt, indem es neue Verknüpfungen schafft, die sich normativen Anordnungen widersetzen, und eine Transgressionsbewegung vollzieht, bezeichnet Begierde normalisierende Tendenzen.

Als Referenzpunkt meiner Überlegungen dient das Werk von Gilles Deleuze und Félix Guattari: Anti-Ödipus. Kapitalismus und Schizophrenie I (1974). Das Autorengespann zeigt auf, wie bereits in Platons Philosophie Eros mit Mangel assoziiert und mit ökonomischen Wissensordnungen vermählt wurde. In all seinen theoretischen Impulsen ist der Text auch ein Zeitzeugnis der soziopolitischen Ereignisse rund um 1968 und dem Resonanzfeld der sexuellen Revolution, in der Begehren als Emanzipationskraft gefeiert wurde. Deleuze und Guattari haben ihre These, dass die Register des Begehrlichen und des Ökonomischen intrinsisch miteinander verbunden sind, nach 1968 formuliert, als sich der Neoliberalismus in Westeuropa auszubreiten begann. Unternehmensstrukturen wandelten sich im neuen Geist des Kapitalismus, wie Ève Chiapello und Luc Boltanski festhalten (2003). Durch den neoliberalen Imperativ der Optimierung und Flexibilisierung, der Krearivität und Individualität verändern sich die Sozialgefüge und Subjektivierungsformen. Insofern erscheint es nach vier Jahrzehnten neoliberaler Entfaltung sinnvoll, Deleuze und Guattaris begehrensökonomische Thesen aufzugreifen und zu aktualisieren.

Um diesem Impuls diskursanalytisch nachzuspüren und eine begehrensökonomische Genealogie zu umreißen, strukturiert sich die Arbeit in zehn Kapitel und drei Teile. Der erste Teil dient der Einführung in die Thematik. In der Einleitung wird die Fragestellung vorgestellt und der historische Hintergrund, vor dem das Verhältnis von Begehren und Ökonomie betrachtet wird, umrissen; im zweiten Kapitel werden der begehrensökonomische Begriffsapparat und die fünf Analysestränge vorgestellt; im dritten Kapitel wird der Anti-Ödipus rekonstruiert; in den nachfolgenden Kapitels des ersten Teils werden kanonische Texte der Philosophiegeschichte von Platon, Hegel, Nietzsche und Freud im Hinblick auf das Verhältnis von Begehren und Ökonomie neu interpretiert; im den Kapitel des dritten Teils wird das Diskursumfeld von Deleuze und Guattari betrachtet und Texte von Bataille, Klossowski, Lyotard und Hocqenghem diskutiert; im fünien Kapitel werden die erarbeiteten Ergebnisse resümiert und eine Kritik der politischen Ökonomie des Begehrens der Gegenwart skizziert. Die Studie bietet folglich eine Genealogie der epistemologischen Verbindungen von Begehren und Ökonomie in in der Philosophiegeschichte und zeigt weiterhin auf, wie sich der Topos des Begehrens im Zusammenhang der gesellschaispoli@schen Umbrüche nach 1968 begreifen lässt.

Institution der Dissertation
Institut für Philosophie – Freie Universität Berlin
Betreuer
Prof. Dr. Anne Eusterschulte (Freie Universität Berlin) – Prof. Dr. Dagmar Herzog (CUNY New York)

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Publikationen

Monografien

– (in Vorbereitung): Begehren und Ökonomie. Eine sozialphilosophische Studie. Berlin: de Gruyter. Voraussichtlich 2020.

– (2017): Sexe, Dieu et Capital. Soumission de Houellebecq: entre rhétorique néo-réactionnaire et politiques postséculaires. Paris: Post-Éditions.

– (2016): Sex, Gott und Kapital. Houellebecqs Unterwerfung zwischen neoreaktionärer Rhetorik und postsäkularen Politiken. Münster: Assemblage.

Herausgeberschaft

mit Antke Engel und Eva von Redecker (2016): Lust an Komplexität und Irritation. Pleasures of Complexity and Confusion. 10 Jahre Institut für Queer Theory. 10 Years Institute for Queer Theory. Berlin: Gender/Queer e.V.

Artikel (Auswahl)

– (2019): Addressing Vulnerability, Longing for Sovereignty? Reactionary Self-Victimization, Aggressive Affect Politics, and the Socio-Somatic Shock Effects of Progressive Protests. In: Philosophy Today: Special Issue Vulnerability. Im Erscheinen.

– (2019): Die Sprachkraft der sprechenden, schreienden, schweigenden, schreibenden Körper. Rezension von Die Körperkraft der Sprache (Petra Gehring). In: Deutsche Zeitschrift für Philosophie, S.496-501.

– (2018): More Substance Than a Selfie? Affektökonomien des Authentischen beim Onlinedating. In: Breljak, Anja; Mühlhoff, Rainer; Slaby, Jan (Hrsg.): Affekt – Macht – Netz. Beiträge zur Sozialtheorie der digitalen Gesellschaft. Bielefeld: Transcript, S.183-203.

– (2018): Die selbsternannte ,Neue Rechte' und 1968. In: RLS Dossier ,1968' – ein globaler Aufbruch. https://www.rosalux.de/publikation/id/39172/die-selbsternannte-neue-rechte-und-1968/

– mit Andreas Gehrlach (2018): Vive la différence? In: Geschichte der Gegenwart. https://geschichtedergegenwart.ch/vive-la-difference-wenn-linke-und-rechte-von-differenz-reden-meinen-sie-nicht-das-gleiche/

– (2018): This is not a Love Song! Begehrensökonomische Überlegungen zu den Fehlkalkulationen der Liebe. In: Arranca!, S.18-20.

– (2017): Die Rechte und die Frauenrechte in Frankreich. In: Kulturaustausch. Zeitschrift für internationale Perspektiven. Nr. 4/2017. S.52-53.

– mit Volker Woltersdorff, Antke Engel, Christoph Holzhey, Nikita Dhawan (2015): Introduction. In: Volker Woltersdorff, Antke Engel, Christoph Holzhey, Nikita Dhawan (Hrsg.): Global Justice and Desire. Queering Economy. London: Routledge, S.1-29.

– (2015): Begehren in Bewegung – Die Sexuelle Revolution in historischer Perspektive. In: Sexuologie 22(1–2), S.97-101.

– mit Antke Engel (2014): Ein Knotenpunkt akademischer, aktivischer und kultureller Praxen. In: Femina Politica Nr. 1/2014, S.148-150.

– (2013): SlutWalk, Resignifizierung von Feminitäten und Feminismen. In: Gender. Zeitschrift für Geschlecht, Kultur und Gesellschaft Nr. 1/2013, S.88-103.

– (2013): Rezension: Philosophie und die Potentiale der Gender Studies. Peripherie und Zentrum im Feld der Theorie. In: Feministische Studien Nr 2/2013, S.348-351.

– (2012): Widerspenstige Körper. Ein Vergleich körperkonzeptueller Widerstandsstrategien bei Judith Butler und Pierre Bourdieus. In: Femina Politica Nr. 2/2012, S.133-140.

Journalismus (Auswahl)

– (2019): Manifest Feminismus für die 99%: Einer für alle. In: SPIEGEL Online.

https://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/manifest-feminismus-fuer-die-99-brot-und-rosen-rezension-a-1283891.html

– (2019): Wie falsche Finanzpolitik den rechten Rand stärkt. In: Zeit Online.

https://www.zeit.de/kultur/2019-09/kapitalismus-neoliberalismus-austeritaet-autoritarismus-demokratie-gegenwart

– (2019): Befreiungskämpfe des Begehrens? Zum Verhältnis von Begehren, Autonomie, Freiheit und Authentizität in der politischen Ideengeschichte der Aufklärung bis in die Gegenwart. In: 39Null, S.52.58.

– (2019): ,Es herrscht ein Klassenkrieg' – Interview mit Yanis Varoufakis. In: konkret 7/2019, S.26-29.

– (2019): Rezension von ,Der Platz' von Annie Ernaux. In: konkret 7/2019, S.63-66.

– (2019): Gebrochene Männlichkeiten – die Krisenerzählungen von Édouard Louis und Michel Houellebecq. In: konkret 3/19, S.50-52.

– (2018): Personenstandsrecht: Staatliche Geschlechtskontrolle abschaffen. In: ZEIT Online. https://www.zeit.de/kultur/2018-10/personenstandsrecht-geschlechtseintrag-bundesverfassungsgericht-geschlechtsidentitaet-gender-intersexuell-transsexuell-bundestagsdebatte

– mit Eliah Arcuri (2018): Geschlechtliche Selbstbestimmung: ,Es ist nicht Willkür, es ist das System': In: SPIEGEL Online.

http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/geschlechtliche-selbstbestimmung-es-ist-nicht-willkuer-es-ist-das-system-a-1234909.html

– (2018): Bildet Banden! Das Leben des Vernon Subutex. In: ZEIT Online.

https://www.zeit.de/kultur/2018-09/leben-vernon-subutex-teil-3-virginie-despentes#comments

– (2018): Soziale Ungerechtigkeit: Linken zuhören, statt mit Rechten zu reden. In: ZEIT Online.

https://www.zeit.de/kultur/ 2018-08/soziale-ungleichheit-europaeische-union-austeritaet-migrationspolitik

– (2017): Onlindating. Das Kalkül mit der Lust. In: ZEIT Online.

http://www.zeit.de/kultur/2017-12/onlinedating-sexuelle-orientierung-sexualitaet-gender-10nach8

– (2017): Frankreich: Zwischen Amour Fou und Vatermord. In: ZEIT Online. http://www.zeit.de/kultur/2017-05/frankreich-praesidentschaftswahl-marine-le-pen-emmanuel-macron-europa-frage-10nach8

– (2015): Political Beauty in an Ugly Reality. In: Transversal Texts. http://transversal.at/blog/Political-Beauty-in-an-Ugly-Reality